Wirtschaftswende jetzt – Maßnahmen für den Erhalt von Münchens kleinen Betrieben
München besitzt dank seiner zentralen Lage in Europa, seiner Attraktivität als Stadt, seinen international anerkannten Universitäten, guter Infrastruktur und einem hohen Fachkräftepotential hervorragende Standorteigenschaften. Sie bilden die Basis für Münchens Erfolg als Wirtschaftsstandort. So sind sieben der 40 DAX-Unternehmen in München ansässig – so viele wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Mit der Eröffnung des Münchner Standorts von meta im Oktober 2023 sind nun auch die fünf größten IT-Unternehmen der Welt (amazon, Apple, Google, Microsoft und meta) in München ansässig. Daran zeigt sich, dass München gerade für Großkonzerne bereits gute Rahmenbedingungen bietet und ungebrochen eine große Anziehungskraft besitzt. Auch als Gründungsstandort erfreut sich München größter Beliebtheit und ist dabei Berlin als Start-up-Hauptstadt Deutschlands den Rang abzulaufen.
Dieser guten Ausgangslage für Großkonzerne und Start-ups steht die Situation von Münchens Mittelstand entgegen. Gerade kleine und mittlere Betriebe tun sich zunehmend schwer, sich in der Stadt zu behaupten. Mit jedem Traditionsbetrieb, der München verlässt, verliert die Stadt ein Stück Lebensqualität. Das Restaurant am Eck, der Elektriker in der Nebenstraße oder der Teeladen ein paar Straßen weiter – sie alle sorgen für unseren täglichen Bedarf und tragen zum Charme der Stadt bei. Wenn diese Betriebe aus dem Stadtbild verschwinden, verkompliziert sich das Leben der Münchnerinnen und Münchner und lässt aufgrund längerer Fahrtwege Lebenshaltungskosten deutlich steigen.
Eine der großen Herausforderungen, vor der Münchens Betriebe stehen, ist mangelnder Platz in der Stadt. Es gibt zwar ausreichend verfügbare Büroflächen, doch Ladenlokale, Lagerflächen oder Werkstätten (für lärmintensives Gewerbe) sind im Stadtgebiet rar. Dies macht für den Betriebserhalt notwendiges Wachstum für verbrauchernahe Dienstleistungen oftmals unmöglich oder ist mit immensen Pacht- und Mietkosten verbunden. In Folge verlassen insbesondere Handwerksbetriebe zusehends die Stadt. Hinzu kommen die Belastungen durch das hohe Verkehrsaufkommen, fehlende Park- und Lieferzonen sowie gestiegene Kosten für Parklizenzen, so dass einige Betriebe den Innenstadtbereich bereits heute nicht mehr bedienen. Ein dritter Faktor, der Münchens Betriebe belastet, sind Aufwände durch Steuern und Bürokratie. Doch über allem steht das Problem des deutschlandweit herrschenden Arbeits- und Fachkräftemangels. In München mit seinen hohen Lebenshaltungskosten und dem knappen Wohnraumangebot im kostengünstigen Bereich ist es für KMU nochmals schwerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.
Für den Erhalt der Münchner Mischung aus Gewerbetrieben aller Art bedarf es dedizierter Maßnahmen. Die FDP München fordert daher die Umsetzung der folgenden Punkte:
1. Gewerbeflächen schaffen und modular parzellieren
Für den Erhalt der Münchner Mischung, aus internationalen Großkonzernen und kleinen Unternehmen, sind die Bedürfnisse von Münchens KMU und insbesondere dem Handwerk bei der Planung von Gewerbeflächen konsequent mitzudenken. Bereits bestehende Gewerbeflächen sind zu erhalten und insbesondere innerstädtische Flächen sind, wo immer möglich, nachzuverdichten. Darüber hinaus muss die Neuausweisung von Gewerbeflächen im Stadtgebiet endlich konsequent vorangetrieben werden. Bei ihrer Erschließung ist darauf zu achten, dass Parzellen auch kleine Flächen umfassen. So können sie auch von kleineren und mittleren Unternehmen genutzt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit bei fortschreitendem Wachstum das Betriebsgelände durch die Hinzunahme weiterer Parzellen zu vergrößern.
2. Gewerbehöfe auch als reine Handwerkerhöfe umsetzen
Münchens Gewerbehöfe sind ein Erfolgsmodell und leisten einen wertvollen Beitrag für Münchens Mittelstand. Aktuell beherbergen die neun bestehenden Gewerbehöfe 485 Betriebe aus Handwerk, Industrie und Großhandel.
Wir sprechen uns dafür aus, dass einer der neun mittel- bis langfristig geplanten Gewerbehöfe als Handwerkerhof konzeptioniert wird. Das Handwerk hat oftmals besondere Standortanforderungen an Lagerflächen für Material, Maschinen und Fuhrpark oder geht tagsüber mit hohen Lärmemissionen einher. Diese Bedürfnisse werden von den Gewerbehöfen in ihrer aktuellen Form nur unzureichend adressiert und sind daher für verschiedene Gewerke ungeeignet.
3. Innerstädtische Handwerksbetriebe schützen
Immer wieder kommt es vor, dass alteingesessene Handwerksbetriebe aufgrund von Querelen mit den (oftmals neu hinzugezogenen) Nachbarn wegen Lärmbelästigung von ihren Standorten in der Innenstadt vertrieben werden. Da sich zugleich immer mehr Handwerksbetriebe aus den Stadtrandgebieten weigern, Kunden in der Innenstadt zu bedienen, ist es bereits heute für Münchnerinnen und Münchner in der Innenstadt unmöglich bei Bedarf einen Handwerker zu bekommen.
Wir setzen uns daher dafür ein, Handwerksbetriebe in den inneren Stadtvierteln besser zu schützen. Hierzu sind städtebauliche Satzungen auf Anpassungsmöglichkeiten zu prüfen, wie z.B. die flächenhafte Festsetzung Nutzungsart Mischgebiet oder Urbanes Gebiet.
4. Ausbau von Anfahrts- und Lieferzonen sowie von Parkflächen
Unzureichende Park- und Halteflächen in der Innenstadt sorgen gleichermaßen bei Anwohnern wie Gewerbetreibenden für Unmut. Anwohner beschweren sich über zugeparkte Gehwege und parken in zweiter Reihe. Gewerbetreibende, wenn sie die Innenstadt noch bedienen, sind frustriert, über den Zeitverlust bei der Parkplatzsuche trotz gestiegener Gebühren für Parkausweise und weite Fußwege vom Fahrzeug zum Einsatzort.
Auch muss es möglich sein mehr als 2 Parkausweise pro Betrieb zu erhalten. Betrieben innerhalb des Altstadtringes müssen die Möglichkeit erhalten Parkausweise zu beantragen
Wir fordern daher die Angleichung der Parkgebühren für gewerblich und privat genutzte PKW und Parkplätze zu erhalten, um den Parkdruck zu senken. Darüber hinaus fordern wir den verstärkten Ausweis von Anfahrts- und Lieferzonen. Letztere sollten, wo immer möglich, mit Ladesäulen für die auch im Handwerk zunehmend zum Einsatz kommenden Elektrofahrzeuge ausgestattet werden. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Anreize geschaffen werden können, für Transporter geeignete Parkhäuser / Garagen in Gebieten mit hohem Parkdruck zu bauen, sowie verstärkt elektrische Klein- und Kleinsttransportfahrzeuge zu nutzen.
5. Abschaffung des Diesel-Fahrverbots
Gemäß Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von März 2024 muss München so schnell wie möglich den EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid einhalten und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Es gibt deutlich mildere und besser Mittel als ein pauschales Dieselfahrverbot, die Feinstaub und Stickoxidbelastung in München weiter zu reduzieren. Die FDP München lehnt das Dieselfahrverbot ab und fordert die ersatzlose Abschaffung.
Die Belastung der Münchner Luft hat in den letzten Jahren deutlich nachgelassen, trotzdem kann auch die Stadt München weitere Maßnahmen ergreifen, um die Luftqualität weiter zu verbessern. Wir setzen uns dafür ein, dass der ÖPNV Angebot ausgebaut wird, insbesondere für Pendler. Wir wollen den Verkehr verflüssigen und Antriebswende in den Fahrzeugen durch entsprechende Infrastruktur, z.B. Ladepunkten voranbringen. Auch innovative Verkehrskonzepte wie Carsharing helfen, die Luftbelastung reduzieren.
Sollten Diesel-Fahrverbote nach Ausschöpfung aller anderen Maßnahmen unvermeidbar sein, setzen wir uns für Ausnahmen für Handwerker und andere Gewerbetreibende ein.
6. Ausweitung verkehrsberuhigter Zonen nur im Einklang mit dem Einzelhandel
Im Zuge der Mobilitätswende ist die Stadtverwaltung dabei den Autoverkehr im Innenstadtbereich konsequent einzuschränken. Unterstrichen wird dieses Vorgehen durch die Planung neuer Fußgängerzonen oder temporär verkehrsberuhigenden Projekten, wie den Sommerstraßen. Münchens Einzelhandel sieht den schwindenden Zugang für den Autoverkehr und den Wegfall von Parkmöglichkeiten für seine Kunden jedoch als weiteres Geschäftsrisiko in einer für den stationären Handel bereits angespannten Situation. Für den Erhalt und Ausbau attraktiver Quartiere mit einem lebendigen Einzelhandel fordern wir die Einbindung der betroffenen Einzelhändler bereits in der Planungsphase solcher Projekte.
7. Harmonisierung des Gewerbesteuerhebesatzes in der Metropolregion München
Die Landeshauptstadt München hat mit 490% den höchsten Gewerbesteuerhebesatz in Bayern, während Nachbargemeinden wie Pullach, Gräfelfing oder Grünwald einen Hebesatz von nur ca. 250% festgesetzt haben. Für Münchens KMU ist die Gewerbesteuer eine erhebliche finanzielle Belastung. Da es Münchens kleinen und mittleren Betrieben aus den zuvor genannten Gründen kontinuierlich schwerer fällt, sich in der Stadt zu behaupten, ist die Gewerbesteuerbelastung ein weiterer Grund, sich aus dem Stadtgebiet zurückzuziehen bzw. den Betrieb komplett aufzugeben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzen wir uns für eine Harmonisierung des Gewerbesteuersatzes in der Metropolregion München ein. Am besten durch eine Senkung des Hebesteuersatzes in München im Rahmen der haushälterischen Möglichkeiten.
8. Festhalten am AzubiWerk-Konzept und dem weiteren Bau von Azubi-Wohnungen
Für Münchens Handwerk und alle anderen Ausbildungsberufe ist der weiterhin herrschende Arbeits- und Fachkräftemangel die größte Herausforderung. Gerade in München mit seinen hohen Lebenshaltungskosten tun sich Betriebe schwer, Fachkräfte anzuwerben. Ebenso entscheiden sich Nachwuchskräfte aufgrund der vermeintlich höheren Verdienstaussichten oftmals gegen eine Ausbildung und für ein Studium. Um Münchens Betriebe bei der Gewinnung von Nachwuchskräften und Azubis zu unterstützen, setzen wir uns für das AzubiWerk-Konzept ein, welches bis 2025 1000 Azubi-Wohnungen realisiert, und fordern den Bau von 1.000 weiteren Azubi-Wohnungen bis 2029.
9. Schnelle Lösung für Signa-Immobilien
Der sich zu großen Teilen in Insolvenz befindende Signa-Konzern ist Eigentümer großer Gewerbe-/ Handels-Immobilien in der Münchner Innenstadt. Einige davon befinden sich aktuell im Umbau, wie z.B. das ehemalige Oberpollinger Gebäude, was mit großen Baustellen in Münchens besten Lagen einhergeht. Durch die Insolvenz des Eigentümer-Konzerns befinden sich aktuelle Baustellen im Baustopp oder für Leerstände wird keine Nachnutzung gesucht. Dies hat fatale Auswirkungen für die Münchner Innenstadt und insbesondere die umliegenden Einzelhändler. Daher muss sich die Stadt hier als Vermittler engagieren, zügig neue Investoren für die Immobilien / Bauvorhaben zu finden, um ein weiteres Händlersterben und eine damit einhergehende weitere Verödung der Münchner Innenstadt abzuwenden.
10. Bürokratie abbauen
Die Stadt München sollte eine eigene Bürokratieentlastungsinitiative auf den Weg bringen, um überbordende Auflagen, Berichts- und Genehmigungspflichten auch auf kommunaler Ebene abzubauen.